Journalistentag NRW 2016
Achtsamer Umgang mit Menschen gehört zum Journalistenberuf
Der Umgang mit Flüchtlingen und Migration in Redaktionen und Medien war eines der Schwerpunktthemen in Duisburg.
Blinde Flecken scheint es auch im deutschen Journalismus zu geben. „Der typische Journalist stammt in Deutschland aus der Mittelschicht, ist weiß und hat Frau, Auto, Haus und Kinder“, provozierte Daniel Bax vom Verein Neue Deutsche Medienmacher in Duisburg auf dem zwölften Journalistentag des DJV-NRW. Vieles spricht also für mehr Vielfalt in Deutschlands Redaktionen. Schon allein, damit bei uns nicht dieselbe Diskussion aufbricht wie in den USA nach dem Wahlsieg Donald Trumps - über Journalisten, die nicht mehr überall hinschauen, denen der Bezug zur Realität breiter Bevölkerungsschichten fehlt.
Mehr Migranten in den Journalistenberuf: Das war deshalb eine zentrale Forderung im Schlussforum auf dem Branchentreff mit Moderatorin Andrea Hansen. Bax’ Lösung: „Wir müssen mehr junge Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft motivieren, zu Machern zu werden.“
Nur: So einfach ist es in Deutschlands Redaktionen wohl nicht. „Wer im Ausland studiert und als Journalist gearbeitet hat, vor allem in Osteuropa oder Russland, wird hier in Deutschland oft belächelt“, meinte die freie Journalistin Katja Artsiomenka. „Und wenn ich als Migrantin über deutsche Eigenheiten oder Besonderheiten schreibe, dann schallt mir schon oft ein ‚Ja, dann geh doch‘ entgegen.“
Auf dem Journalistentag im Landschaftspark Duisburg-Nord, den am Wochenende mehr als 450 Medienmacher besucht haben, loteten zwei Foren und ein Werkstattgespräch den Umgang mit Geflüchteten und dem gesellschaftlichen Wandel aus.
Das Forum „Zwischen Mitgefühl und Sachlichkeit“ unter Moderation des DJV-Bundesvorsitzenden Prof. Dr. Frank Überall erörterte die Folgen der Wanderungsbewegungen für die deutsche Gesellschaft und die Medien. Auf dem Podium: Sabrina Gaisbauer von der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Goerger vom Dart Centre Europa und Sherif Rizkallah vom Flüchtlings-Youtube-Kanal des WDR, WDRforyou.
Gaisbauer kritisierte dabei die journalistische Berichterstattung über Geflüchtete im „postfaktischen Zeitalter“ als oft pauschalisierend und verallgemeinernd: „Alle Flüchtlinge werden in einen Topf geworfen.“ Und in Medienhäusern versperrten kulturelle und sprachliche Barrieren häufig den journalistischen Zugang zu Flüchtlingen, stellte Rizkallah fest. Das journalistische Arbeiten mit traumatisierten Interviewpartnern, wie Flüchtlinge es oftmals seien, besprach Goerger anschließend in einem Workshop mit Journalistentags-Besuchern. Denn das ist dem Journalisten wie dem DJV wichtig: „Der achtsame Umgang mit Menschen ist Teil unserer Profession.“
Der Journalistentag des DJV-NRW gilt bundesweit als eines der wichtigsten Branchentreffen. Journalisten aus Nordrhein-Westfalen und Medienfachleute diskutieren auf Augenhöhe miteinander. In den Foren und Workshops helfen prominente Medienkenner und Experten ehrenamtlich mit, journalistische Entwicklungen mit ihren Branchenkollegen einzuordnen.