Mitglied werden
Login Logout Mitglied werden
Warenkorb

Kölner Verlage

Belegschaften im Schulterschluss

25.03.2014

Regina Bappert, Betriebsratsvorsitzende der Kölnischen Rundschau, neben ihr Christian Weihe (DJV) und Jessica Seiffert (ver.di). Foto: Klaus Daub

Nicht unterkriegen lassen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kölner Tageszeitungen von drohenden Redaktionszusammenlegungen und Arbeitsplatzabbau. Redakteure, Pauschalisten und Freie nutzten die Streiktage im Vorfeld der neunten Verhandlungsrunde, um ihren Unmut nicht nur gegen die Tarifforderungen der Verleger kundzutun, sondern sich auch über die Pläne der beiden Kölner Medienhäuser auszutauschen.

Am 18. März hatten M. DuMont Schauberg (MDS) und Heinen-Verlag bekannt gegeben, dass mehrere Außenredaktionen von Kölner Stadt-Anzeiger und Kölnischer Rundschau zusammengelegt werden. Dafür wird zum 1. Juni die nicht-tarifgebundene Verlagstochter „Rheinische Redaktionsgemeinschaft“ gegründet. Mit der Zusammenlegung sollen nach Verlagsankündigung 30 Stellen abgebaut werden. Bis Ende 2015 sollen diese Maßnahmen umgesetzt sein.

Dass die Redaktionen mit dieser Planung – bei allem Verständnis für Sparbemühungen der Verlage – nicht einverstanden sein können, ist offensichtlich. Denn wieder geht ein Stück Medienvielfalt in NRW verloren. Zudem hatten die Kolleginnen und Kollegen sich unabhängig von persönlichen Sympathien und obwohl sie verlegerisch schon lange unter einem Dach arbeiten, bisher immer als ernsthafte Wettbewerber verstanden. Nicht zuletzt fehlt ihnen auch ein stringentes Konzept. So bleiben einzelne Außenredaktionen vom Outsourcing unberührt, zudem wird ein Teil der gemeinsamen Lokalteile an einem Regiodesk produziert, andere nicht. Dies soll damit zusammenhängen, dass Verleger Helmut Heinen von der Rundschau das Konzept ablehnt, während Alfred Neven DuMont für den Kölner Stadt-Anzeiger darauf schwört.

Rund 80 Streikende von Kölner Stadt-Anzeiger, Kölnischer Rundschau und Express nutzten am 24. März die Streikversammlung auch dazu, sich über die Folgen dieser Entscheidung zu informieren. Christian Weihe, Justiziar des DJV-NRW, und Jessica Seiffert, Arbeitsrechtlerin von ver.di, beanworteten Fragen. zuvor hatten die KR-Betriebsratsvorsitzende Regina Bappert und der KStA-Betriebsrat Willi Feldgen (beide ver.di) über die Vorgänge in beiden Häusern berichtet.

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die Belegschaften bei MDS und Heinen-Verlag sich – trotz der gefühlten Konkurrenz – nicht gegeneineinander ausspielen lassen wollen. Nachdem die gemeinsamen Streikaktionen in der vorigen und der aktuellen Tarifrunde schon für Verbundenheit in der Zeitungsgruppe Köln gesorgt haben, wollen die Kolleginnen und Kollegen sich künftig eng darüber abstimmen, wie sie weiter vorgehen.

Konkrete Beratungen und Planungen starteten bereits am zweiten Streiktag. Bei dieser Gelegenheit nahmen die Streikenden auch einen Brief zur Kenntnis, der den Gewerkschaften zugespielt worden war: In dem Schreiben an die beiden Verleger kritisiert der Hürther Bürgermeister Walther Boecker die geplante Zusammenlegung der Lokalredaktionen mit deutlichen Worten (s.u.).

Über die laufende Tarifrunde und potenzielle weitere Streikaktionen wurde natürlich auch geredet. Vielleicht bekommen die Kölnerinnen und Kölner ja demnächst mal Besuch aus anderen Landesteilen?



Mit Zustimmung von Walther Boecker dokumentieren wir seinen Brief an die beiden Verleger hier:

„Sehr geehrter Herr Neven DuMont,
sehr geehrter Herr Heinen,

mit Ihren Schreiben vom 18.03.2014 haben Sie mir mitgeteilt, dass meine Meinung Ihnen wichtig ist. Hier deshalb – kurzgefasst – meine Meinung zu den angekündigten Veränderungen in den Lokalredaktionen:

1. Wie Sie bei einer Reduzierung der Redakteursstellen um 1/3 davon ausgehen können, dass Sie die bisherige Qualität nicht nur gewährlseiten, sondern nachhaltig steigern können, kann ich nicht nachvollziehen. Bisher gab es jeweils zwei Berichte zu Themen und Veranstaltungen in den beiden Zeitungen. Als jemand, der in vielen kommunalen Themen drin ist oder der bei vielen Veranstaltungen dabei ist, stelle ich fest, dass die Artikel hierzu jeweils sehr unterschiedlich ausehen können. Wenn es dann zukünftig nur noch einen Bericht und eine Meinung gibt, wird die Beteiligung der Zeitungen an der demokratischen Meinungsbildung jedenfalls eingeschränkt.

2. Dass die neue Gesellschaft nicht tarifgebunden sein wird, macht deutlich, welche gesellschaftspolitische Grundeinstellung hinter den Verlagen steht. Es ist schon erstaunlich, dass ausgerechnet Sie, Herr Heinen als Präsident, und Sie, Herr Neven DuMont als Ehrenvorsitzender des Bundesverbandes der Deutschen Zeitungsverleger, Tarifflucht begehen.

3. Statt vor Ort zu sparen, wo die Leserinnen und Leser am unmittelbarsten von Politik und sonstigen gesellschaftlichen Themen betroffen sind, sollten die Verlage lieber auf teure Übernahmen anderer Zeitungen wie in der Vergangenheit verzichten.

4. Konsequenterweise werden wir demnächst einzelne Abonnements von Kölner Stadt-Anzeiger und Kölnischer Rundschau kündigen, da dann in den für uns wichtigen kommunalen Teilen ja jeweils weitestgehend dasselbe stehen wird.


Mit freundlichen Grüßen

Walther Boecker
Bürgermeister“

Medienszene