WDR
Details zu den Sparplänen erläutert
Vor einem Jahr hat Tom Buhrow sein Amt angetreten. Der WDR-Intendant nutzte den Jahrestag, um am 1. Juli vor der Presse zurück- und nach vorne zuschauen. Zusammen mit der Geschäftsleitung und den Programmdirektoren präsentierte er nähere Informationen zu den Sparplänen, die er zwei Wochen zuvor angekündigt hatte: Allein 30 Millionen Euro müssen zusätzlich 2015 eingespart werden, davon knapp die Hälfte im Programm. 500 Planstellen sollen in den nächsten Jahren abgebaut werden – nicht durch betriebsbedingte Kündigungen, sondern indem Befristungen nicht verlängert und Stellen nicht nachbesetzt werden. Technik und Verwaltung tragen an diesen Personalabbau die größere Last: Bei ihnen fallen 220 bzw. 130 Stellen weg. Beim Fernsehen sind es 60, im Hörfunk 80 Stellen.
Vor den Pressevertretern erläuterten die Programmdirektoren ihre geplanten Maßnahmen: Welche Inhalte der WDR sich in Zukunft aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr leisten kann oder will, darüber gab es nur wenig konkrete Informationen. Hier wird wohl noch an den letzten Entscheidungen gefeilt. Buhrow machte aber deutlich, dass Gesellschaft und Politik nicht erwarten könnten, dass das Programm und die weiteren Leistungen des WDR – z.B. auch Kulturpartnerschaften oder die Unterstützung von Festivals - trotz der großen Sparbemühungen unverändert weitergingen.
Fest steht, dass die quotenstarke TV-Lokalzeit im kommenden Jahr nur noch von Montag bis Freitag aus den elf Landesstudios sendet – die Samstagsausgabe entfällt zugunsten einer landesweiten, freizeitorientierten Sendung. „Wir könnten uns sonst die elf Lokalzeiten auf Dauer nicht leisten“, erklärte Fernsehdirektor Jörg Schönenborn den Pressevertretern. Einen Rückzug aus der Region wolle der WDR verhindern. Für die Europaberichterstattung sei ein neues Magazin auf einem neuen Sendeplatz geplant. Der „Bericht aus Brüssel“ falle dafür weg.
Durch Programmwechsel bei der ARD entfielen zudem Sendungen im Bereich Talk und Ratgeberformate. Die freiwerdenden Mittel wolle man z.T. auch für neue Formate, für mehr Investigatives und Recherchen verwenden. Er benannte drei klare Ziele für seinen Bereich: das Programm zu verjüngen, mehr Platz für Innovationen einzuräumen und unter dem Stichwort „360-Grad-Verbreitung“ auch neue Wege in der nicht-linearen TV-Verbreitung einzuschlagen.
Weniger konkret waren die Sparkonzepte der Hörfunk-Direktorin Valerie Weber, die erst seit acht Wochen im Haus ist. Sie verkündete bis 2015 Bestandsschutz für die Klangkörper und die Hochkultur. Im Programm werde sich der Sparkurs zunächst nur zu Tagesrandzeiten bemerkbar machen, die Nachrichten seien davon gänzlich ausgenommen. Die Regionalität solle ausgebaut werden: „Wir haben sehr gute Studios. Die müssen wir auch gut nutzen.“
Das junge Publikum wolle man - nicht nur bei 1Live – multimedial erreichen, dabei seien auch die sehr unterschiedlichen junge Zielgruppen zu beachten, z.B. junge Kulturinteressierte. Hier - wie in anderen Bereichen - brauche man Zeit, um abzufragen, was die Hörer wirklich wollten.
Die zweigleisige Verbreitung (Internet sowie digitale Terrestrik inklusive DAB+) sei teuer, aber notwendig, sagte Weber.
Insgesamt soll im Bereich Technik aber kräftig gespart werden, wie Produktions- und Technikdirektor Wolfgang Wagner darstellte. „Wir werden uns mit voller Kraft auf die Kernbereiche wie Produzieren und Übertragen konzentrieren, aber auch auf technische Innovationen setzen."
Hörfunkdirektorin Weber betonte, die 500 Stellen machten noch nicht einmal die Hälfte des Sparvolumens von 100 Millionen Euro aus. „Wir sparen also nicht zuerst am Personal“. Insgesamt hat der WDR ca. 4.300 Stellen für Festangestellte. Dazu kommen ca. 1.900 feste Freie sowie eine nicht bekannte Zahl von weiteren Freien, die seltener für den Sender arbeiten. die Freienhonorare werden beim WDR allerdings als Sachkosten verbucht.
Während die Kürzungen für die Festangestellten klar waren, vermochte das Team um Tom Buhrow der Presse wenig Konkretes zu den Perspektiven für die Freien zu sagen. Auf die Nachfrage nach Einschnitten beim Freien-Etat hieß es, den gebe es als solchen gar nicht, weil die Sachkosten den einzelnen Programmbereichen zugeordnet seien. Klar wurde aber, dass durch Wegfall von Sendungen, und durch mehr Wiederholungen insgesamt künftig weniger Aufträge vergeben werden. Der Kuchen wird also kleiner.
Die Perspektiven der Freien waren auch ein großes Thema bei der gut besuchten Personalversammlung, die vor der Pressekonferenz stattgefunden hatte. Auch hier hatte sich Buhrow gemeinsam mit der Geschäftsleitung und seinen Direktoren dem Gespräch gestellt. Zum zweiten Mal innerhalb von vier Monaten war die WDR-Kantine prall gefüllt – das Thema „Stellenabbau und weitere Konsequenzen aus dem massiven Sparkurs des Unternehmens“ bewegt die Mitarbeiterschaft heftig.
Wie man hört, meldeten sich viele Freie zu Wort und berichteten über ihr stagnierendes und über die Jahre sogar sinkendes Einkommen und über das Gefühl „abnehmender Wertschätzung“ durch Redaktionen und Vorgesetzte.
Auch sonst sorgt der Abbau von 500 Planstellen in den nächsten Jahren für Unruhe. Die Beschäftigten fürchten Auswirkungen auf Arbeitsdruck und Arbeitsverdichtung.
Vor Beginn der Personalversammlung hatten freie Journalistinnen und Journalisten des DJV im Eingangsbereich der Kölner Arkaden mit einer kleinen Protest-Aktion auf die Belange der rund 1900 festen Freien sowie der nur gelegentlich beschäftigten Freien hingewiesen. Bei vielen gäbe es mittlerweile Existenzängste. Und die DJV-Vertreter brachten ihre Befürchtung zum Ausdruck, dass angesichts der massiven Sparmaßnahmen die journalistische Qualität des WDR-Programms leiden könnte. Prof. Dr. Frank Überall, Mitglied des DJV-Bundesvorstands und der WDR-Tarifkommission, und DJV-Landesgeschäftsführerin Dr. Anja Zimmer forderten den WDR auf, die sogenannte Rasenmäher-Methode wieder einzupacken und über „intelligente Sparwege“ nachzudenken (siehe auch diese Meldung)