Tag der Pressefreiheit
DJV-NRW fordert Schutz von Journalist:innen
Es ist fünf vor zwölf! Journalist:innen müssen bei ihrer Arbeit besser geschützt werden – auch in NRW. Das fordert der Deutsche Journalisten-Verband, Landesverband Nordrhein-Westfalen (DJV-NRW) zum Tag der Pressefreiheit am heutigen Montag, 3. Mai.
Die Pressefreiheit in NRW, Deutschland und Europa war – pünktlich um fünf vor zwölf – auch Thema einer virtuellen Podiumsdiskussion, die über alle Kanäle des DJV-NRW verbreitet wurde. Die Moderation übernahm Andrea Hansen, stellvertretende Landesvorsitzende des DJV-NRW, die mit drei sehr unterschiedlichen Gästen die lokale, bundesweite und globale Sicht auf die Bedrohung von Kolleg:innen und die Situation der Pressefreiheit beleuchtete.
Als Gesprächspartner waren Benjamin Piel, Chefredakteur des Mindener Tageblatts, Prof. Dr. Katja Artsiomenka, freie Journalistin und Hochschuldozentin sowie der DJV-Bundesvorsitzende Prof. Dr. Frank Überall dabei, als es um 11.55 Uhr hieß: „Pressefreiheit – alles andere als selbstverständlich.“
Belarus & Türkei: „Sorgt dafür, dass wir nicht vergessen werden“
Wieviel Wahrheit im Titel der Veranstaltung liegt, weiß Prof. Dr. Katja Artsiomenka: „Wir haben die Lage, dass der Beruf Journalist praktisch verboten ist“, sagt die gebürtige Belarusin über ihr Heimatland. Ebenso ist die Demonstrations- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt. „Wenn Journalist:innen über nicht genehmigte Veranstaltungen berichten, dann landen sie im Gefängnis.“ Und dort werde viel getan, um die Inhaftierten von der Außenwelt fernzuhalten. „Es wäre toll“, so ihr Wunsch, „wenn die deutschen Kolleg:innen weiter im Kontakt mit den ausländischen Kolleg:innen bleiben. Wenn sie zusammen Kolumnen oder Texte produzieren“. Daran schließt sich auch der DJV-Bundesvorsitzende Prof. Dr. Frank Überall mit Erfahrungen aus der Türkei an. Einen Satz habe er dort immer wieder gehört: „Sorgt dafür, dass wir nicht vergessen werden“. Dieser Satz habe sich bei ihm eingebrannt.
Querdenker, AFD und eine Schaufensterpuppe
Doch die Sorge treibt Überall nicht nur um, wenn er ans Ausland denkt: „Die Übergriffe auf Journalist:innen haben sich verfünffacht“, zitiert er Reporter ohne Grenzen „Wir beobachten es bei rechtsextremen Demonstrationen schon seit Jahren, dass sich die Lage zuspitzt. Aber es wird jetzt, gerade in Corona-Zeiten, immer dramatischer.“ Auch Benjamin Piel, Chefredakteur des Mindener Tageblatts, kennt die Bewegung der Corona-Leugner: „Die Querdenker-Szene ist hier deutlich und laut vertreten, unterstützt durch einen AFD-Kreisverband, der dem radikalen Lager sehr zugetan ist“, skizziert Piel die Szene vor Ort. „Wir fühlen uns auf den Demonstrationen eigentlich sicher. Auch durch die Polizei hinreichend geschützt.“ Denn: „Wir sind in Minden ja ein bisschen heile Welt und hier geht es im normalen Alltag auch nicht so ganz heftig zur Sache.“
Gleichwohl habe im vergangenen Jahr an einer Brücke eine symbolisch aufgeknüpfte Schaufensterpuppe mit einem Schild „Covid-Presse“ gehangen. „Da ist es uns schon allen kalt den Rücken heruntergelaufen“. Der Chefredakteur wirbt dafür, Medienbildung und Medienkompetenz viel stärker bereits in der Schule zu verankern mit Fragen wie „Warum kann es ohne freie Medien keine freie Demokratie geben?“ Prof. Dr. Katja Artsiomenka bekräftigt: „Pressefreiheit ist ein globales Phänomen. Je weniger Pressefreiheit es auf der Welt gibt, desto weniger gibt es auch in Deutschland. Wir müssen mehr und verstärkt auf die Welt schauen, sonst wissen die Menschen nicht, wofür Pressefreiheit gut ist.“
Pressefreiheit ist ein Grundrecht und nicht nur ein „Nice-to-have“
„Aus diesem Grund“, so Frank Überall: „ist eine starke Solidargemeinschaft wichtig. So wie der DJV, der sich auf die Fahne schreibt sich einzusetzen.“ Es brauche den „öffentlichen Diskurs über den Wert von Pressefreiheit und Journalismus.“ Und noch eine konkrete Forderung hat der Bundesvorsitzende: „Wir brauchen auf internationaler Eben endlich eine verbindliche Beauftragte oder einen verbindlichen Beauftragten für Pressefreiheit bei den Vereinten Nationen. Um weltweit deutlich zu machen: Es geht hier um ein Grundrecht und nicht um ein „Nice-to-have“.
Zum Schluss der Diskussion, äußerste Piel noch einen Wunsch für die Zukunft: mehr Solidarität vor Ort. „Ich würde mir wünschen, dass man da mehr aufsteht und als ganze Gesellschaft sagt: ‚Nein, das wollen wir nicht. Wir stellen uns dagegen.‘ Damit diese Menschen, die so etwas tun, auch klaren Gegenwind bekommen. Und man da gemeinsam aufsteht und ein Zeichen dagegensetzt.“
Wer die halbstündige Diskussion am Tag der Pressefreiheit verpasst hat: Unter diesem Link gibt es die gesamte Diskussion unter dem Thema „Pressefreiheit – alles andere als selbstverständlich“ noch einmal als Aufzeichnung.
Rückfragen an
Marie Kirschstein (0211/23399-200)
oder
Mareike Weberink (0211/23399-30)
Referentinnen für Kommunikation und Marketing