Welche Rechte Arbeitnehmer*innen haben, wenn die Temperaturen steigen.
Gibt es „hitzefrei“ auch im Büro?
Das Thermometer klettert mal wieder über 30 Grad, mehr als 35 Grad sind prognostiziert. Konzentriertes Arbeiten fällt zunehmend schwerer. In vielen Bürohäusern steigt die Hitzebelastung von Stockwerk zu Stockwerk an.
- Muss ich unter diesen Bedingungen arbeiten, oder kann ich nach Hause gehen?
- Welche Maßnahmen muss der Arbeitgeber treffen, wenn die Temperaturen steigen?
Im Folgenden geben wir Ihnen einen kurzen Überblick über die arbeitsrechtlichen Folgen hoher Temperaturen:
Ab welcher Temperatur muss nicht mehr gearbeitet werden?
Leider gibt es keine absolute Zahl, sondern nur Richtwerte. Gemäß § 3a der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) müssen Arbeitsstätten so eingerichtet und betrieben werden, dass von ihnen keine Gefahr für die Gesundheit der Beschäftigten ausgeht. Doch ab welcher Temperatur bestehen Gefahren für die Gesundheit? Die Antwort geben die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Anders als die Arbeitsstättenverodnung sind die ASR nicht verbindlich, sondern sind Richtwerte. Die ASR sind kein Gesetz. Sie spiegeln den technischen Kenntnisstand wieder. Hält der Arbeitgeber die ASR ein, ist davon auszugehen, dass er insoweit die Anforderungen an den Arbeitsschutz erfüllt. Hält er sich nicht an die ASR, muss er durch andere Maßnahmen den gleichen Gesundheitsschutz erreichen.
Der Arbeitgeber kann sich nicht drauf berufen, er sei nur Mieter der Arbeitsstätte. Er hat die Verpflichtung, sich mit dem Vermieter gegebenenfalls über technische Maßnahmen auseinanderzusetzen.
Erfüllt der Arbeitgeber bei großer Hitze seine Schutzpflichten gegenüber den Arbeitnehmern nicht, so kann die zuständige Behörde im Einzelfall Schutzmaßnahmen anordnen.
Was muss der Arbeitgeber tun, wenn es zu heiß wird?
Steigt die Lufttemperatur auf über 26 Grad Celsius, sehen die ASR ein abgestuftes Konzept vor.
Ab 26 Grad Celsius
Ab 26 Grad Celsius ist zu prüfen, ob besondere Maßnahmen für gesundheitlich besonders schutzbedürftige Personen (z.B. Schwangere oder gesundheitlich Vorbelastete) zu ergreifen sind.
Ab 30 Grad Celsius
Bei Temperaturen ab 30 Grad Celsius werden organisatorische und personenbezogene Maßnahmen gefordert. Beispielhafte Maßnahmen:
- effektive Steuerung der Lüftungseinrichtungen (z.B. Nachtauskühlung)
- Reduzierung der inneren thermischen Lasten (z.B. elektrische Geräte nur bei Bedarf betreiben)
- Lüftung in den frühen Morgenstunden
- Nutzung von Gleitzeitregelungen zur Arbeitszeitverlagerung
- Lockerung der Bekleidungsregelungen
- Bereitstellung geeigneter Getränke (z.B. Trinkwasser)
Die Unfallversicherungsträger haben zum Thema Raumklima eine Handlungshilfe unter der Nr. BGI 7003 ( à https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/796) veröffentlicht.
Ab 35 Grad Celsius
Wird die Lufttemperatur im Raum von 35 Grad Celsius überschritten, so ist der Raum für die Zeit der Überschreitung ohne technische Maßnahmen (z.B. Luftduschen, Wasserschleier) oder organisatorische Maßnahmen (z.B. Entwärmungsphasen) nicht als Arbeitsraum geeignet.
Habe ich „hitzefrei“, wenn es zu heiß ist?
Steigt die Temperatur über 35 Grad oder ergreift der Arbeitgeber ab 26 Grad Celsius keine geeigneten Maßnahmen, so stellt sich die Frage, ob Arbeitnehmer „hitzefrei“ haben, weil sie ihre Arbeit verweigern können. Diese Frage ist zu bejahen. Der Arbeitnehmer hat ein Zurückbehaltungsrecht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsschutz nicht einhält.
Trotzdem wird „hitzefrei“ die absolute Ausnahme bleiben. Bei dem immer noch mäßigen Klima in Deutschland sind nur relativ kurzfristige Überschreitungen der zulässigen Arbeitsraumtemperaturen zu erwarten. Ein Fernbleiben von der Arbeit wäre deshalb, abgesehen von krassen Ausnahmefällen, wohl meist unverhältnismäßig. Ohne rechtliche Absicherung durch einen Arbeitsrechtler darf niemand von der Arbeit wegbleiben; Fehler in diesem Bereich können schwerwiegende Konsequenzen haben.
Was gilt für Freie Mitarbeiter?
§ 3a Arbeitsstättenverordnung und damit auch die ASR gelten auch für arbeitnehmerähnliche freie Mitarbeiter. Arbeitnehmerähnlich sind Journalisten die mehr als ein Drittel Ihres Entgelts bei einem Arbeitgeber verdienen.
Was kann der Betriebsrat tun?
Betriebs- und Personalräte haben ein Mitbestimmungsrecht, um den Schutz der Gesundheit durch geeignete Maßnahmen zu erzwingen. Für Betriebsräte erfolgt das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Das bedeutet: Gibt es keine Einigung über den Umgang mit der Hitze, so kann die Einigungsstelle angerufen werden.
Rückfragen bitte an
Christian Weihe
christian.weihe@djv-nrw.de
0211 23399-34
Karoline Sieder
karoline.sieder@djv-nrw.de
0211 23399-38