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Tarifflucht in Köln

Heinen und MDS legen Lokalredaktionen in neuer Verlagstochter zusammen

18.03.2014

Das schlechte Beispiel des Ruhrgebiets macht Schule: Auch im Raum Köln wird der Lokaljournalismus schwer beschnitten und in seiner Vielfalt beschränkt. Die Kölner Medienhäuser M. DuMont Schauberg und Heinen-Verlag haben die Gründung einer neuen, nicht tarifgebundenen „Rheinischen Redaktionsgemeinschaft“ (RRG) bekannt gegeben, in der die Lokalredaktionen der Ausgaben Rhein-Erft, Rhein-Berg, Oberberg, Rhein-Sieg und Euskirchen/Eifel von Kölner Stadt-Anzeiger (MDS) und Kölnischer Rundschau (Heinen) ausgelagert werden. Beide Verlage sind zu gleichen Teilen Gesellschafter der RRG.Die Gründung der Verlagstochter soll zum 1. Juni 2014 erfolgen, die Umsetzung der Maßnahmen Ende 2015 abgeschlossen sein. Mit der Auslagerung ist der Abbau von 30 Redakteursstellen verbunden. Erreicht werden soll dies sozialverträglich durch Fluktuation, Altersteilzeit, Vorruhestandsregelungen und Aufhebungsverträge. So will man betriebsbedingte Kündigungen vermeiden, schließt sie aber dem Vernehmen nach nicht aus. Zudem müssen wohl zahlreiche Freie und Pauschalisten um ihre Aufträge bangen. Im Ergebnis sollen in der RRG „67 journalistische Mitarbeiter ständig beschäftigt sein“, wie es in der internen Mitteilung heißt. Die ungelenke Formulierung soll auch Pauschalisten mit abdecken. Als Ziel wird eine Kostenersparnis von rund 4 Millionen Euro jährlich angepeilt.Verlags- und Titelrechte für die Kölnische Rundschau liegen seit 1999 bei MDS. Der Konstruktion hatte das Kartellamt seinerzeit nur zugestimmt, damit die defizitäre Rundschau nicht eingestellt wurde. Die Redaktion, die im Heinen-Verlag angesiedelt ist, sollte explizit eigenständig bleiben. Von der ist allerdings immer weniger übrig. Seit 2010 bezieht die Rundschau ihren Mantelteil vom Bonner General-Anzeiger. Nach dem Aderlass durch die RRG werden im Heinen-Verlag selbst weniger als 30 Redakteurinnen und Redakteure verbleiben, nämlich Mitarbeiter der Lokalredaktionen Köln und Bonn sowie eine Handvoll Leute, die dem Mantelteil in den Bereichen Sport, Kultur und Wirtschaft zuarbeiten.Informiert wurden die Beschäftigten beider Häuser am Vormittag des 18. März in Mitarbeiterversammlungen, die erst am Vortag anberaumt worden waren. Kurz vor den Versammlungen hatten die Verlagsspitzen die Betriebsräte vor vollendete Tatsachen gestellt.„Es ist beschämend, wie hier mit den Rechten der Arbeitnehmervertreter umgegangen wird“, erklärt Frank Stach, Vorsitzender des DJV-NRW. „Das alles erinnert fatal an den Kahlschlag der Funke-Mediengruppe im Ruhrgebiet.“ Auch in Köln verkaufe man Sparmaßnahmen als Strategie, „eine zukunftsfähige Struktur für den Lokaljournalismus in unserer Region“ zu schaffen. Und wie zuvor die WAZ- bzw. Funke-Gruppe argumentiere man mit vermeidbarer Doppelarbeit und stelle gar Qualitätssteigerungen in Aussicht.„Den beiden Zeitungen stehen künftig gemeinsam größere Lokalredaktionen als bisher zur Verfügung, um über mehr lokale Themen in höherer Qualität zu berichten“, heißt es dazu in internen Mitteilungen der beiden Verlage. Fakt ist jedoch, dass es künftig ein gutes Drittel weniger Redakteurinnen und Redakteure geben wird. „Dass man mit weniger Leuten mehr Qualität hinbekommt, bleibt eine Lüge, auch wenn man es ständig wiederholt“, kritisiert Frank Stach, der selbst als freier TV- und Hörfunk-Journalist tätig ist.Beide Titel sollen nach Verlagsangaben ein eigenständiges Profil behalten: Die Mantelteile bleiben getrennt, und die Blätter „können natürlich auch im Lokalteil eigene Akzente setzen“. Wie diese eigenen Akzente bzw. die eigentlich unterschiedlichen Lokalausgaben letztlich aussehen werden, bleibt abzuwarten.Auf ein besonders pikantes Detail weist der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken hin: Die geplante Tarifflucht wird von zwei wichtigen Funktionären des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) begangen, dem amtierenden Präsidenten Helmut Heinen und dem Ehrenpräsidenten Alfred Neven DuMont – und das mitten in einer strittigen Tarifrunde. „Die Vernichtung journalistischer Arbeitsplätze ist schon schlimm genug“, erklärte Konken. „Darüber hinaus zeigt die Überführung der verbleibenden Redakteursstellen in die tariflose GmbH auf erschreckende Weise, welchen Stellenwert die Tarifverträge für die beiden Verlegerpräsidenten haben.“

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