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Zeitungsexperte Horst Röper

Im Lokalen hapert es

24.01.2013

„Ich muss keinen Vortrag halten. Wenn Bedarf ist, über die WR zu sprechen, dann können wir auch mit dem Aktuellen beginnen.“ Zeitungsforscher Horst Röper zeigte sich am Mittwochabend im Erich-Brost-Haus in Dortmund flexibel. Immer wieder ließ er Historie und Schicksal der Westfälischen Rundschau in die Monate zuvor mit der dju vereinbarten Veranstaltung „Zeitungslandschaft NRW im Wandel“ einfließen. >> „Die WR passt in die Entwicklung, die wir seit Jahren am Zeitungsmarkt beobachten.“
Wie kann ein Zeitungsverlag Gewinne erzielen, wenn der Lesermarkt längst nicht mehr wächst? Die Antwort, die Horst Röper vor Studenten, Journalisten und Gewerkschaftsvertretern lieferte, war simpel: Bei sinkenden Werbeumsätzen und Auflagen ist Expansion nur möglich, indem man den Konkurrenten etwas abnimmt. Z.B. ihre Abonnenten. Monopolgebiete sind lukrativ: Preisgestaltung nach eigenem Gusto winkt, und der Verlag kann frei entscheiden, wie viel er in Equipment und Personal der Lokalredaktion investiert.>> „Der Marktausstieg, wie wir ihn jetzt erleben, ist für den gesamten Journalismus heftig und tragisch.“
Nur die Zeitungsverlage verfügen über ein einzigartiges Netz an Lokalredaktionen. In dieser Tiefe seien weder der öffentlich-rechtliche Rundfunk, noch der Lokalfunk verankert. Und auch der Zeitschriftenmarkt könne nichts auffangen, so Röper. Die einzige Hoffnung stellt für ihn das Internet dar. Es seien inzwischen kleinere neue Unternehmen entstanden, 63 lokaljournalistische Onlineportale außerhalb des Medienbetriebs zählte er jüngst in NRW. „Das ist schon mal was“, so Röper, „aber auf ganz NRW mit seinen 296 Gemeinden bezogen zu wenig, um für Meinungsvielfalt zu sorgen.“ Das Fazit des Medienexperten daher: Lokale Redaktionen der Zeitungsverlage sind unverzichtbar. Ohne sie würde sich auch die Berichterstattung in Hörfunk und Fernsehen verändern, denn andere Medien finden in den Lokalausgaben eigene Themen.>> „Wir befinden uns in einer kritischen Situation für den Lokaljournalismus.“
Horst Röper erwartet ein deutlich geringeres Angebot im Zeitungsmarkt in den kommenden Jahren, und kein anderes Medium könne das Wegfallen dieser für die Demokratie wichtigen Berichterstattung ausgleichen. „Im lokalen Bereich hapert es“, sagte er deutlich. Hier sollte die Politik unterstützen und in den Journalismus investieren. Insgesamt müsse sich die Gesellschaft mit der Frage beschäftigen, wie viel ihr Medienvielfalt wert ist.>> „Die WAZ hat immer mit ihrem schlechten Ruf gelebt.“
Der Zeitungsforscher hat nicht viel Hoffnung, dass der Konzern seine Entscheidung zum Einstellen der WR-Redaktion zurücknimmt. Früher sei der Konzern die Krake gewesen, die alles aufkaufte, das habe in Essen niemanden interessiert. Nun lebe man mit dem Image des Einstellens von Redaktionen. Als Röper, Experte für die Entwicklung der Medienhäuser in Deutschland, von der Mitarbeiterversammlung erfuhr, hatte er vermutet, dass es um die Stilllegung der WR-Ausgaben im Märkischen Kreis gehen würde. Die ganze WR? Das hat auch ihn betroffen gemacht.>> „Das Besondere an der Situation: Die Marke bleibt erhalten.“
Röper geht davon aus, dass die kooperierenden Verlage dem WAZ-Konzern die „neuen“ Lokalteile für kleines Geld zur Verfügung stellen. Im Gegenzug ist die WAZ-Gruppe sämtliche Redaktionskosten los. Das Einkommen durch den „Zombie ohne eigene redaktionelle Inhalte“ könnte also das Gleiche bleiben. Wenn, so Röper, keine massiven Abbestellungen eingehen.

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