Kommunalaufsicht muss Grenzüberschreitungen ahnden
Städte dürfen keinen Journalismus ersetzen
Journalistische Berichterstattung gehört nicht in die Hände kommunaler Verwaltungen und Behörden. Angesichts der NRW-Kommunalwahlen am kommenden Sonntag, 13. September, mahnt der DJV-NRW erneut die von der Verfassung geschützte Unabhängigkeit der Medien und Staatsferne von Journalismus an.
„Wir fordern die Kommunalaufsicht auf, dieser eindeutigen Rechtslage in allen Behörden endlich Geltung zu verschaffen“, so Frank Stach, Landesvorsitzender des DJV-NRW. Anlass für den eindringlichen Appell sind die Angebote verschiedener Stadtverwaltungen, mit denen die Rathäuser ihre coronabedingt nur eingeschränkt möglichen Wahlpräsentationen nun digital aufwerten wollen.
„Dass es eine Verpflichtung der Städte gibt, die Wahlergebnisse der Kommunalwahlen öffentlich zu verkünden, ist unbestritten. Jegliche staatliche Berichterstattung, die über Sachinformation hinausgeht, ist aber unzulässig“, kritisiert Stach nicht nur gestreamte Talkrunden oder redaktionell gestaltete Einspielfilme im Rahmen eines dadurch journalistisch anmutenden Angebotes, wie es unter anderem die Stadt Solingen geplant hat. Auch am Angebot der Stadt Köln hatte es – verbunden mit Zugangsbeschränkungen für Medien – deutliche Kritik gegeben.
„Das, was wir hier rund um die Wahl erleben, ist nur die Spitze eines Eisberges“, betont der DJV-Landesvorsitzende. Die Kolleg*innen in den Presse- und Informationsämtern der öffentlichen Verwaltung erfüllen eine wichtige Aufgabe“, betont Stach. Die zunehmende Professionalisierung der Abteilungen nicht nur im Bereich Social Media führe aber immer wieder zu verfassungsrechtlich bedenklichen Grenzüberschreitungen. „Wenn beispielsweise das Presseamt einer nordrhein-westfälischen Millionenstadt regelmäßig ein Kulturmagazin herausgibt, ist das nicht nur eine in Zeiten von Corona besonders bedrohliche Wettbewerbsverzerrung zu Lasten von freien Journalist*innen und Medienunternehmen. Es beschädigt dauerhaft auch die unabhängige Kulturszene“, so der Landesvorsitzende. „Es kann doch weder im Interesse einer pluralistischen Politik noch der Gesellschaft sein, wenn die Konsequenzen von Entscheidungen aus dem Rathaus nicht von kritischen Journalisten, sondern von der Verwaltung selbst eingeordnet werden.“
Dass trotz eindeutiger Rechtsprechung hier die Kommunalaufsicht nicht von sich aus einschreitet, ist für den DJV-NRW unverständlich. Staatliche Berichterstattung muss am kommenden Wahlsonntag eindeutig als solche erkennbar sein und sich auf Sachinformationen beschränken. Der DJV-NRW fordert deswegen die klare Grenzziehung zwischen staatlicher Information und Journalismus.
Staatliche Berichterstattung darf nicht Lücken der lokalen Berichterstattung der Verlage füllen. Dafür müssen Lokalredaktionen so ausgestattet werden, dass die durch Personalabbau und anderes entstandenen Lücken in der Berichterstattung geschlossen werden können. Gelinge dies nicht, sei die Politik gefordert, die Voraussetzungen für einen finanzierbaren Lokaljournalismus zu schaffen, anstatt die Berichterstattung selber vorzunehmen.
Bei Rückfragen: Marie Kirschstein, Referat Kommunikation und Marketing, 0211/23399-200, marie.kirschstein@djv-nrw.de