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Reorganisation beim WDR

Wohin bewegen sich die Hörfunk-Wellen?

17.02.2015

Der WDR „reorganisiert“ seine Hörfunkwellen: 1LIVE, WDR 2 und WDR 4, die Programme für das breite Publikum, sollen einen gemeinsamen Wellenchef bekommen. Die Sparten- und Kulturprogramme WDR 3, WDR 5 und Funkhaus Europa „bleiben zunächst bei der Direktion direkt angebunden“. So zitiert der WDR Hörfunkdirektorin Valerie Weber am 13. Februar auf seinen Seiten. Das Ziel der „dualen Flottenstrategie“: „den unterschiedlichen Anforderungen der gehobenen Programme des Öffentlich-Rechtlichen und zugleich den Breitenprogrammen gerecht“ zu werden. Der Raum für den Lokalfunk dürfte dadurch immer enger werden.
 
Ist das ein guter Weg, um den Sender für die Zukunft aufzustellen? Oder droht damit eine (weitere) Formatierung und Verflachung für WDR2, 1Live und Co.? Klar, Radioprogramme und Hörgewohnheiten verändern sich über die Jahre. Das wissen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WDR-Hörfunk-Wellen. Aber woran soll sich diese Veränderung ausrichten – an markstrategischen oder an journalistischen Zielen?
 
Diese Frage hatte der Kölner Stadt-Anzeiger einen Tag zuvor aufgeworfen und über Unruhe bei den WDR-Hörfunkern berichtet: Danach beobachten Mitarbeiter seit Webers Ankunft in Köln, dass vieles in Richtung Formatradio deute. Mancher sieht dem KStA zufolge den WDR „auf halbem Weg zum Dudelfunk“.
 
Schon als Intendant Tom Buhrow die Personalie Weber im November 2013 ankündigte, gab es unter den Beschäftigten deutliche Vorbehalte gegen die ehemalige  Chefin von Antenne Bayern. Hinzu kommt der Unmut über das Sparprogramm, das der Intendant dem Sender verordnet hat. Darauf, dass sie erst kurz im Amt sei und wenig sagen könne, kann sich Weber inzwischen nicht mehr zurückziehen.

Viele Mitarbeiter fühlen sich nicht ausreichend informiert und eingebunden, heißt es beim Stadt-Anzeiger. Veränderungen würden in kleinen Häppchen durchgeführt. Weber habe eine "gewinnende Art", lasse aber kaum Diskussionen zu und lächele Fragen einfach weg, fasst KStA-Autorin Anne Burgmer die Meinung vieler WDRler zusammen.
 
Und sie zählt weitere Vorwürfe auf: Weber wolle weniger Auslandsberichterstattung, sie verlange, dass negative Nachrichten durch positive Bemerkungen aufgefangen würden, und sie tue sich mit dem investigativen Journalismus schwer. Harte Kost für die Festen und Freien im WDR-Hörfunk, die informieren wollen und nichts mehr fürchten als eben den durchformatierten Dudelfunk.
 
Die kritische Berichterstattung der „lokalen Presse vor Ort“ muss dem WDR zugesetzt haben, dass er auf den eigenen Seiten so ausführlich darauf reagiert. So legt Weber dar, dass Rechercheergebnisse im Haus und in den Regionalstudios besser abgestimmt würden, um die journalistische Schlagkraft der WDR-Hörfunkwellen zu erhöhen: „Ich bin mir ganz sicher: Wir steigern mit diesen Veränderungen auch noch einmal unsere journalistische Qualität, können bei Recherche und Themensetzung noch mehr voneinander profitieren, haben kürzere Entscheidungswege und sind zudem insgesamt auch effizienter."
 
Indem man die Wellen untereinander besser abstimme, könne man Hörerinnen und Hörer leichter in der WDR-Senderflotte halten. Derzeit kehrten viele dem Sender den Rücken, sobald sie sich in „ihrer“ WDR-Welle nicht mehr angesprochen fühlten. Wie sie den Hörern allerdings den geschmeidigen Übergang von einer Welle zur nächsten erleichtern will, verrät sie nicht.
 
Mit der Reorganisation sollen keine programmlichen oder qualitativen Änderungen verbunden sein, beteuert die Hörfunkchefin. Zudem sei die Umstrukturierung nicht als Sparprogramm gedacht - auch wenn sie dazu beitragen könne, Doppelarbeiten und -strukturen abzubauen. Weber betont, dass man am Anfang des Prozesses stehe und dass die Mitarbeiter ihre Erfahrungen, ihre Kritik, Ergänzungen oder neuen Ansätze einbringen könnten. Es solle in den entsprechenden Bereichen „sehr zeitnah“ Projekte geben, in denen – unter Beteiligung aller – die neuen Arbeitsstrukturen und -prozesse gemeinsam erarbeitet werden sollen.
 
Erst nach Rücksprache mit den Mitarbeitern soll auch geklärt werden, wer der gemeinsame Wellenchef für die drei WDR-Dickschiffe werde. Der KStA hatte 1Live-Chef Jochen Rausch als wahrscheinliche Besetzung genannt, weil dieser bei den Direktorenposten habe zurückstehen müssen – eben gegenüber Hörfunkdirektorin Valerie Weber.

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