Westfälische Rundschau
WR-Protest ebbt nicht ab
Der Protest gegen das Schließen der Redaktionen der Westfälischen Rundschau (WR) ebbt nicht ab. Den DJV-NRW erreichen viele Solidaritätsadressen und Protestmails, auch von entsetzten Lesern, die keine Mogelpackung als Zeitung haben wollen und ihr Abonnement kündigen. Der Landesvorstand des DJV-NRW, der gestern aus Solidarität mit der WR in Dortmund tagte, beschäftigte sich mit der Frage, ob der WAZ-Konzern jetzt nicht erst recht Verluste einfährt.
„Bleibt zu hoffen, dass meine Kündigung nicht die einzige bleiben wird und ihr Plan, unter dem Namen der WR eine Mogelpackung fortzuführen, ein grandioser Fehlschlag wird.“ Das schreibt ein Abonnent der WR, der den DJV-NRW über seinen Schritt in Kenntnis gesetzt hat (kompletter Wortlaut der Kündigung siehe unten).
„Wir vermuten, dass den Verlag durch den Kahlschlag bei der WR nun eine Kündigungswelle erreicht, die nicht nur auf die Westfälische Rundschau beschränkt sein wird“, sagt Helmut Dahlmann, Vorsitzender des DJV-NRW. Dem Unternehmen drohe ein Wegbrechen seiner Abonnenten – und somit ein nicht zu unterschätzendes erneutes Defizit. „Ob sich die Geschäftsführung das alles wirklich genau überlegt hat?“, fragt Dahlmann.
WAZ-Geschäftsführer Christian Nienhaus hatte von 50 Millionen Euro Verlust bei der WR in fünf Jahren gesprochen. Der Betriebsrat zweifelt diese Zahlen an, will sie von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer durchleuchten lassen. „Der Landesvorstand stärkt dem Betriebsrat bei diesem Anliegen den Rücken“, erklärt Helmut Dahlmann. Seinem Kenntnisstand nach seien die Verluste der WR zum Schluss kontinuierlich geringer ausgefallen. 2012 habe der Verlag sogar noch eine kostenintensive Abo-Kampagne durchgeführt. „Die Früchte der Arbeit, also das Plus durch die neuen Abonnenten, wollte wohl niemand mehr abwarten“, wundert sich der DJV-NRW-Vorsitzende.
>>Betreff: Kündigung
An dieser Stelle veröffentlicht der DJV-NRW mit Erlaubnis des Urhebers ein Kündigungsschreiben, das die WAZ-Gruppe kürzlich erreichte.
„Die Nachricht von der Einstellung der Westfälischen Rundschau und der Entlassung von 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat mich nicht nur betroffen gemacht, sondern geradezu schockiert. Ich finde es beschämend,
- dass es Ihre unternehmerische Kompetenz offenbar nicht zulässt, eine intelligentere Lösung zu entwickeln, die den Fortbestand einer eigenständigen Redaktion ermöglicht.
- dass Sie Ihre Profitinteressen über das Schicksal der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen und die Redaktion nicht einmal in Ihre Überlegungen einbezogen haben.
- dass Sie den Leserinnen und Lesern der WR vor nicht allzu langer Zeit eine "Lokaloffensive" versprochen haben, und jetzt genau das Gegenteil davon praktizieren.
- dass Sie die bisherigen Leserinnen und Leser für so dumm halten, künftig eine Zeitung zu kaufen, deren Lokalteil von der Konkurrenz geliefert wird.
Aus diesen Gründen kündige ich mein Abonnement der WR zum nächstmöglichen Termin und bitte Sie, diese Kündigung zu bestätigen. Bleibt zu hoffen, dass meine Kündigung nicht die einzige bleiben wird und ihr Plan, unter dem Namen der WR eine Mogelpackung fortzuführen, ein grandioser Fehlschlag wird.
P.S. Ich habe mich vor einigen Jahren bewusst gegen die Ruhr Nachrichten entschieden, weil Herr Lensing-Wolff damals die komplette Redaktion der Münsterschen Zeitung über Nacht entlassen hat. Ihnen ist es gelungen, diese bis dato im deutschen Verlagswesen unerreichte Skrupellosigkeit und Menschenverachtung jetzt noch einmal deutlich zu steigern. Respekt!“