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Proteste in Dortmund

Zwei nicht gehaltene Reden zur Westfälischen Rundschau

04.02.2013

Aufgrund des langen Trauermarsches durch die Dortmunder Innenstadt am 2. Februar wurden zwei Reden zum Aus der Westfälischen Rundschau nicht mehr auf dem Alten Markt gehalten. Ihre Botschaften aber sind wichtig – weshalb wir sie an dieser Stelle veröffentlichen und dringend zum Konsum raten. Denn sie sind gut! Unser Dank geht an Horst Röper und Ulrich Pätzold.
>>Von Horst Röper, Medienforscher vom Formatt Institut in DortmundWas wir alle hier in Dortmund erleben, ist schändlich. Einer Zeitung die Redaktion zu rauben, ist ein einmaliger Vorgang in Deutschland. Es ist eigentlich eine Contradictio. Und dennoch besteht die Gefahr, dass diese absurde verlegerische Entscheidung zu einer Blaupause für andere Verlage wird. Das ehedem vom WAZ-Konzern pompös herausgestrichene so genannte WAZ-Modell haben die Konzern-Herren selbst geschleift. Nun droht uns ein neues WAZ-Modell.Die Rundschau hat in Dortmund zusammen mit ihrer kleinen Schwester eine Auflage von 35.000 Exemplaren. Das ist nicht üppig, für den deutschen Zeitungsmarkt aber stattlich. In Deutschland erscheinen Dutzende von Zeitungen mit geringeren Auflagen. Der Unterscheid zur Rundschau besteht in der Führung: Die kleine Zeitungen haben noch Verleger. Die WR war nie die falsche Zeitung am falschen Ort. Sie hat aber Verleger, die auf einem falschen Stuhl sitzen. Diese Stühle gehören vor die Tür, nicht jene der Redakteure.Zeitungsleser dürfen darüber übrigens nichts oder doch fast nichts erfahren. Die Ruhr Nachrichten sind ein weitgehend blinder Fleck. Auch damit untergräbt man die Glaubwürdigkeit von Zeitungen. Sie sind eben fallweise kein verlässlicher Chronist. Selbst die WR-Redakteure dürfen in eigener Sache nicht berichten. Formulieren den Abschied stattdessen mit feinsinnig formulierten Texten zu ihren Lieblingsfilmen.Da reihe ich mich gern ein, wenngleich mein Lieblingsfilm noch gedreht werden muss. Die Buchvorlage gibt es allerdings schon lange: „Nieten in Nadelstreifen“. Ein höchst geeigneter Drehort ist Essen. Laiendarsteller gibt’s dort reichlich.>>Von Ulrich Pätzold, emeritierter Journalistik-Professor TU DortmundMit Verachtung halten wir in Händen, was sich ab heute erlaubt, den Titel Westfälische Rundschau zu missbrauchen. Die Verachtung ist die Kehrseite unserer Achtung für unsere Kolleginnen und Kollegen, die diese Zeitung bis gestern gemacht haben, die wir heute zu Grabe tragen. Neben unserem Mitgefühl sind wir ihnen Solidarität schuldig, die wirklich helfen kann.Ab heute ist Dortmund eine Zeitungswüste. Große journalistische Potenziale sind still gestellt worden. Das dürfen die Stadt und seine Bewohner nicht zulassen. Die Stadt wird sich sonst schleichend zum Schlechteren verändern. Wir haben wieder einmal gelernt, dass der Markt die Grundlagen unseres Gemeinwohls zerstören kann, wenn man ihn lässt.Es geht nicht nur um Dortmund. Mit wachen Augen werden viele Geschäftsführer in den Medien genau beobachten, ob die Falschmünzer in Dortmund auf eine Leserschaft stoßen, die diesen Schwindel nicht merkt oder ihm gegenüber gleichgültig bleibt. Dann werden schnell viele Dämme in der Medienlandschaft brechen.Wir können das in Dortmund verhindern. Die Falschmünzer haben uns, den Lesern, mit dieser Hybridzeitung eindeutig die Grundlage unserer Abovereinbarung entzogen. Diese Mogelpackung einer Zeitung haben wir nicht gewollt und werden für sie nicht zahlen. Als Abonnenten und Leser sind wir eine starke Marktmacht.Das ist die einzige Sprache, die in Essen verstanden wird und die über Dortmund hinaus ein Signal sein wird: Nach der Beerdigung der Westfälischen Rundschau verlassen die Dortmunder Leser massenhaft die Käuferlisten. Die Kunden spielen dieses schäbige Spiel nicht mit.Der Boykott dieser Mogelpackung Westfälische Rundschau ist praktische Solidarität mit den kalt gestellten Mitarbeitern. Wir sind ihre Kunden. Wir wollen ihre Zeitung. Wir wollen, dass sie wieder unsere Zeitung machen.

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